Hardy Böckli

Ich bin 1942 in der Stadt Zürich geboren und aufgewachsen. Seit vielen Jahren lebe ich nun im Geburtshaus meiner Frau Ruth in Innertkirchen im bernerischen Haslital, am Fusse der geliebten Alpen. Schon früh kam ich in meiner Jugendzeit mit dem Alpinismus, mit der Photographie und mit der Wüste in Kontakt. Die Leidenschaft für die Photographie, meine Faszination für die Wüste und die Herausforderung des Alpinismus begleiten mich bis heute. Alle drei Themen sind Teil von mir geworden.

In Lehrkursen beim Photographen Ernst Scheidegger holte ich mir das erste technische Rüstzeug. Schweizer Photographen, allen voran Werner Bischof, wie auch Jakob Tuggener und René Groebli waren von Beginn weg meine Vorbilder und ich bewundere diese grossen Photographen noch heute. Eine Aufnahme im Kulturmagazin «Du» vom Mai 1957 der Aiguilles de Sisse (Tibesti, Nord-Tschad) von Emil Schulthess war der Auslöser für alle meine späteren Reisen.

Die Begeisterung, der Mut und vor allem das fundierte Wissen, gepaart mit einem redaktionellen Können, von Frauen wie Annemarie Schwarzenbach, Freya Stark, Alexandra David-Neel, vor allem aber dasjenige von Isabelle Eberhard, bewundere ich zutiefst. Alle diese einzigartigen Frauen, wie auch der Pioniergeist von Wilfred Thesiger und die Sprachkunst eines Nicolas Bouvier, prägten mich für alle meine Einzelgänge.

Als Autodidakt verfeinerte ich sukzessive mein photographisches Können und ich zeichne (Leica-Photo Hardy Böckli) seit Jahren meine Photographien als einer der wenigen, unter Vertrag stehenden Leica-Photographen.

Anfangs der Sechziger Jahren setzte ich erstmals meine Füsse in ein Wüstengebiet und bereiste, damals noch mit einer Rolleicord unterwegs, die syrische Wüste und mit dem Wadi Draa den äussersten, saharischen Süden von Marokko. Bei diesem marokkanischen Unterfangen vom Atlantik bis zur Draa-Quelle im Hohen Atlas hatte sich nicht nur unser entlehnter und entsprechend ausgerüsteter Citroen 2CV, unser «Deux chevaux», zu bewähren, sondern auch mein Jugend- und Studienfreund Hans Rinderknecht als erstaunlich solider und erfinderischer Mechaniker. Bald schnupperte ich die heissen Winde im Süd-Yemen wie auch in der äthiopischen Danakil-Wüste. Später konzentrierte ich mich, nun mit meiner ersten Leica unterwegs, auf die Sahara : Zuerst in der marokkanischen und der damaligen spanischen Sahara, dann in Süd-Algerien, Libyen und im Niger.

Während im Norden des Tschads, wo ich mit einer unauslöschbaren, inneren Glut das Tibesti und das Ennedi zu bereisen hoffte, im Verlaufe einer ganzen Generation ein Bürgerkrieg herrschte, widmete ich mich meiner neu gegründeten Familie wie auch meinen angeborenen, jenischen und erfolgsversprechenden Talenten im Handel. Dank letzteren wie auch Dank meinem unerschütterlichen Festhalten an meinen Visionen und Träumen, war es mir später vergönnt, die Photographie, die Wüste, den Alpinismus und das Forschen zu vereinen, um Ideen und Vorhaben aus den endfünfziger Jahren endlich realisieren zu können. Dabei war in den Jugendjahren wie auch in den Jahren die folgten, die Förderung wie auch die mentale Unterstützung meines Vaters von ausserordentlicher und entscheidender Bedeutung. Aus photographischer Sicht geniesse ich bis heute das Privileg, dass mir mein Bruder Charles Böckli mit seinen einzigartigen graphischen Talenten zusammen mit dem erfahrenen Lithograph Peter Meier stets unterstützend zur Seite stehen.

Seit der Befriedung des Tschads im Jahre 1994, reise ich mit einer ganz speziellen Vorliebe durch den noch unberührten Nord-Tschad, wo mich das Tibesti- und das Ennedi-Gebirge wie auch die angrenzenden Erdi fesseln. Auf drei dieser ausgedehnten Reisen konnte ich mich, zusammen mit Piero Rava, auf einen Partner verlassen, welcher schon beim Planen in den frühen sechziger Jahren und auch in den Jahren 1995 (Tibesti), 1996 (Tibesti) und 2001 (Ennedi) eine verlässliche Stütze war : mein Zwillingsbruder Bruno Böckli. Auf dem Weg ins Ost- und Zentral-Tibesti hatte ich zusammen mit meiner Frau Ruth im Nordwest-Ennedi im Jahre 1997 das Glück, den wohl bedeutensten Universalwissenschaftler der Sahara, Prof. Dr. Théodore Monod, persönlich kennen- und schätzen zu lernen.

Schon seit vielen Jahren befasste ich mich mit den in meiner bevorzugten Südost-Ecke der Sahara gelegenen, unendlichen Sande der ägyptischen/sudanesischen «Western Desert» und dem, äusserst isoliert, im Dreiländereck von Libyen, Aegypten und dem Sudan gelegenen Uweinat Gebirge. Ende 2006 folgte ich einer Einladung von Dr. Carlo Bergmann (u.a. «Der letzte Beduine»), um mit ihm und seinen drei Kamelen Arabella, Amour und Ashan durch das riesige Sandmeer der «Libyan Desert» zum Gilf Kebir zu ziehen. Eine eigene Mission führte mich dann erstmals während den ersten Monaten des Jahres 2007 zum Uweinat, wo mir, in Zusammenarbeit mit Mahmoud Marei aus Kairo und Hassane Samba aus N’Djamena, nicht nur die äusserst heikle Besteigung dieses Wüstengebirges gelang. Wir machten auch bedeutende Entdeckungen von prähistorischen Felsmalereien in ungeahnten Höhen. Diese Funde waren auch in wissenschaftlichen Kreisen von grosser Bedeutung, dies auch Dank der unterstützenden Zusammenarbeit mit dem früh verstorbenen Wissenschaftler Prof. Dr. Werner Pichler und Roberta Simonis, der Verlegerin des wissenschaftlichen Jahresbuches «SAHARA».

Zusammen mit vier Bideyat-Nomaden und deren sechs Lastkamelen durchquerte ich zu Fuss im Winter 2012/13 während über zehn Wochen das ganze Ennedi von West nach Ost. Wiederum vereint mit dem Tschader Hassane Samba, dem Wüsten-Allrounder und bewährten Koch und Uebersetzer. Hassane beherrscht, obwohl Analphabet, fliessend fünf Sprachen. Mein Team entdeckte prähistorische Felsgravuren, Felsmalereien und einzigartige, Jahrtausend alte Steinskulpturen und auch eine Pfeilspitze aus Eisen, welche wohl wegen dem Widerhacken zum Fischen verwendet wurde, zu einer Zeit als der Tschadsee noch ein riesiges Binnenmeer war.

Auch die anschliessende Erkundung der Erdi brachten, zusammen mit Rocco Rava und Mahmoud Marei, ähnlich erstaunliche Funde. Diese Mission führte mich und meine fünf Weggenossen, mes compagnons de route, aus den Ländern Italien, Tschad, Niger und Aegypten, am 13. Februar 2013, zu den Ausläufern des Ost-Tibesti zum Rocher Noir, wo der Photograph Emil Schulthess am 14. Dezember 1955 seine, auch international, viel beachteten Aufnahmen einer ringförmigen Sonnenfinsternis, eine Jahrtausend-Finsternis, realisierte hatte. Diese, in der vorerwähnten «Du»-Ausgabe des Mai 1957 erstmals veröffentlichten Aufnahmen, sind wohl die wichtigste Wegmarke meines Lebens. Damals interessierte sich Emil Schulthess vor allem für Aufnahmen der verfinsterten Sonne in unmittelbarer Nähe des Horizontes und war so der erste, welcher eine Expedition nach dem Aufgangspunkt einer Sonnenfinsternis unternommen hat. Dabei kann die Leistung bei der Leitung dieser Wüstenfahrt des äusserst erfahrenen Sahara-Kenners Marcel Chappot nicht genug gewürdigt werden. Die ringförmige Phase dauerte am Standort, dem Rocher Noir, welcher von der Eidgenössischen Sternwarte Zürich berechnet worden war, über sieben Minuten und war damit die längste ringförmige Sonnenfinsternis des zweiten Jahrtausends ! Adolf Lehmann, Chef dieser eidgenössischen Institution, hatte damals vorausgesagt, dass zwischen dem Bergland Tibesti und den Kufra-Oasen der Anfang der Zentrallinie einer ringförmigen Sonnenfinsternis liegen werde. Ueber ein halbes Jahrhundert haben ich auf das Aufsuchen dieses extrem isolierten Punktes gewartet, ja warten müssen – Träume sterben zuletzt !

In den Jahren 2008 sowie 2010/11 lockten mich zusammen mit meiner Frau Ruth die Höhen und die indigenen Völker der Anden. In mehrmonatigen Reisen in Bolivien und Argentinien, auf abgelegenen Pfaden und Fährten, erschloss sich uns so eine neue, faszinierende Welt. Auch der Winter 2014/15 war noch einmal den hohen Anden Argentiniens gewidmet. Unter der Führung meines Freundes Raphael Joliat aus San Juan war der Monat Januar 2015 dem 6260m hohen Olivares gewidmet, wo während der «Mission Antonio Beorchia Nigris» die Suche nach alten Hochgebirgs-Kultstätten der Inkas hingegen nicht von Erfolg gekrönt war, stemmten sich doch die Wettergötter vehement gegen dieses Unterfangen. Die Landschaften, welche ich dort in der Nordwestecke von Argentinien noch einmal suchte und erwartete, fand ich in den Gesichtern der argentinischen Menschen.